Mediengeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts (15)

Vernetzungen (II)



"Die Stadt von morgen":

Ein Film von 1930 über die  Vernetzung von Stadt und Land, Arbeits- und Lebensbereich im Zuge der Industrialisierung

Democracity:

Ein Projekt auf der Weltausstellung von New York 1939/40


Weiterentwicklung der Telefonie und der Telegrafie vor 1914

Optimale Nutzung der teuren Leitungs- und Kabelwege:

Zusammenlegung mehrerer Telegrafie- oder Telefonieverbindungen auf einer Leitung

1909: Gleichzeitige Übertragung von vier Telefongesprächen auf einer Leitung mittels Hochfrequenz (Trägerfrequenztechnik)

1910: Transatlantischer Funktelegrafendienst im Tag- und Nachtdienst zwischen Irland und Glace Bay in Kanada


 
Die Überwindung des Atlantik zwischen Europa und Nordamerika als realisierbare Utopie und technisches Nahziel -

- und das Katastrophenjahr 1912:


Der Untergang der „Titanic" - ein Drama der Nachrichtenübermittlung

Die Katastrophe als Zerstörung eines Mythos:

Die Zuversicht in die Allmacht der Technik, des technisch ausgerüsteten Menschen geht verloren (damit ein Kernbestand des Fortschrittsdenkens aus dem 19. Jh.)

Der erste spektakuläre Einsatz der Funktelegrafie im Bereich der internationalen Schiffahrt:
703 Menschen können gerettet werden, weil ein Funker bis zur letzten Minute die Notsignale "SOS" aussendet und so Hilfe an den Unglücksort holt.

Marconi und die Titanic-Katastrophe

Die Titanic-Story auf der Marconi-Website

Auf der internationalen Funkkonferenz in London 1912 (Titanic-Konferenz) wird der SOS-Ruf als internationales optisches und akustisches Seenotsignal nach dem Morsealphabet eingeführt:

...---...

Die Titanic-Katastrophe, die Sinnfrage und die Medienindustrie:

Weltweite Verbreitung eines Bewußtseins der Gefährdung und der Unsicherheit ("Epochenbruch", "Krise der Moderne" - zwei Jahre vor Ausbruch des 1. Weltkriegs)

Weltweite Verbreitung eines Bewußtseins von "Zusammengehörigkeit" durch Vernetzung und Beschleunigung der Nachrichtenübermittlung (Telegrafie, Telefonie, Pressemeldungen)

Aber: Was fehlt, sind Bilder!

Verfilmung der Katastrophe noch im selben Jahr:

- Gesteigerte Nachfrage nach „Authentizität" (Beglaubigung durch technische Bilder)
- Bedürfnis nach Sensation
- Antwort auf die „Sinnfrage"


Paul Valéry:

"Wie Wasser, Gas und elektrischer Strom von weither auf einen fast unmerklichen Handgriff hin in unsere Wohnung kommen, um uns zu bedienen, so werden wir mit Bildern oder mit Tonfolgen versehen werden, die sich, auf einen kleinen Griff, fast ein Zeichen, einstellen und uns ebenso wieder verlassen."

Pièces sur l'Art, Paris 1934


Technik-Utopien vor 1914 - Ein Beispiel

1913: Bernhard Kellermanns Roman "Der Tunnel"
Untertunnelung des Atlantiks zwischen Europa und Nordamerika für den Eisenbahnverkehr:
Vernetzung als großindustrielles Projekt; Katastrophe (Wassereinbruch) und Triumph der Technik als happy end:

- die Vision der Vernetzung als Projekt von Brückenköpfen im weltweiten Verkehrsnetz
- die Vision der Globalisierung als Netz-Vision, ein Jahr vor dem 1. Weltkrieg
- Globalisierung als imperialistisches Projekt: im Dienst der Hegemonie Nordamerikas und
  Europas

Elektrifizerung und elektrische Vernetzung als Faszinosum der Epoche:

Ein Film der Edison Company von 1901


1913:
Ausdehnung und technische Perfektionierung der Funktelegrafie:

Hans Bredow

Projektabteilung der Telefunken GmbH, Berlin, sorgt für die Voraussetzungen für den Transatlantikfunkverkehr zwischen Deutschland und den USA und fördert den Ausbau der 1906 in Betrieb genommenen Großfunkstelle im sächsischen Nauen
(Keimzelle des deutschen Rundfunkwesens)

Die Groß-Station Nauen im Weltverkehr:

Ein Film aus den 20er Jahren über  die Vorzüge der Funktelegrafie

Ausblick auf Telegrafie-Entwicklungen nach dem 1. Weltkrieg:

1922: Das erste drahtlose transatlantische Funkbild (ein Foto von Papst Pius XI., übertragen von Arthur Korn von Berlin nach Otter Cliffs im US-Staat Maine)

1927:  die offizielle Eröffnung des ersten regelmäßigen
Bildübertragungsdienstes in Deutschland auf einer Leitung Berlin - Wien
 

Jede technische Neuerung auf dem Gebiet der Telegrafie beeinflusst die Medienindustrie, verändert ihre Technik, erweitert und beschleunigt ihre Umsätze




Die Erschließung des (nord)amerikanischen Westens: Eine Geschichte der Verkehrs- und Kommunikationsvernetzung

Eroberung des Raums: beschleunigter Transport von Menschen und Gütern - und Reduzierung zeitlicher Abläufe bei schnellerer Informationsübertragung

Das Filmgenre des amerikanischen Westerns:

Nationalepos

Epos zweier Zeit-Ökonomien (Siedler, Farmer, Viehzüchter - und der Eingriff der Technik)

Epos vom Aufbau moderner, technisch basierter Netze

Sub-Genres:
Postkutschen-Western, Eisenbahn-Western, Verkehrswestern


Ein frühes Beispiel: "The Great Train Robbery", Edwin S. Porter, 1903


Die "klassischen" Verkehrswestern:

"Union Pacific", C.B. de Mille, 1939 - Bau der transkontinentalen Eisenbahn

"Wells Fargo", Frank Llloyd, 1937 - die verkehrstechnische Vernetzung der USA durch die
  Post- und Transportgesellschaft Wells Fargo

"Western Union", Fritz Lang, 1940 - Errichtung der telegraphischen Fernverbindungen im
  amerikanischen Westen